Gibt es in der Schweiz eine betriebliche Übung?
Anders als in Deutschland, gibt es in der Schweiz keine gesetzlichen Regelungen dazu. Dennoch können sich aus „Treu und Glauben sowie wiederholtem Verhalten stillschweigende Ansprüche oder Verpflichtungen entwickeln, jedoch unter anderen Voraussetzungen als in Deutschland. Personalverantwortliche sollten sich an folgende Faktoren halten:
- Welche Aussagen gehen aus dem Handbuch des Arbeitgebers hervor?
- Existiert ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) oder ein Normalarbeitsvertrag (NAV)?
- Was ist im Einzelarbeitsvertrag bzw. im Personalreglement geregelt?
- Wie sind die gesetzlichen Reglungen nach dem Obligationenrecht (OR) und nach dem Arbeitsgesetz (ArG)?
Es empfiehlt sich, einen Freiwilligkeitsvorbehalt explizit und unmissverständlich schriftlich festzuhalten. Es soll deutlich werden, dass die gewährte Leistung freiwillig und ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs erfolgt. Bei weiteren Unklarheiten empfiehlt es sich, sich juristische Hilfe zu holen.
Was zählt als betriebliche Übung?
Es kommt also auf die Regelmässigkeit an, wie viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zusätzliche Leistungen erhalten und dass diese allein und ohne gekoppelte Verpflichtungen vom Arbeitgebenden ausgehen. Hier kommen drei gängige Beispiele, die typischerweise als betriebliche Übung verstanden werden:
- Weihnachtsgeld: Wenn jedes Jahr pünktlich zur Weihnachtszeit ein extra Bonus gezahlt wird, entwickelt sich das schnell zur Betriebsübung. Gleiches gilt dementsprechend für Urlaubsgeld.
- Flexible Arbeitszeiten: Wenn das Unternehmen den Mitarbeitenden gewährt, ihre Arbeitszeiten flexibel zu gestalten, kann das ebenfalls als betriebliche Übung gelten.
- Extra-Urlaubstage: Bieten Arbeitgebende zusätzliche Urlaubstage an, ohne dass diese im Arbeitsvertrag stehen, könnte das auch darunterfallen.
Lassen sich Ansprüche aus einer Betriebsübung rückgängig machen?
Ohne Absprachen können zur Betriebsübung gewordene Leistungen nicht abgeschafft werden – denn betriebliche Übungen sind einer vertraglichen Regelung gleichgestellt. Da ein Arbeitsvertrag nicht einseitig geändert werden kann, bedarf es einer einvernehmlichen Entscheidung dazu. Oder einer Kündigung. Eine weitere Alternative ist die Änderungskündigung: Nach dieser werden alle Verträge gekündigt und mit neuen, geänderten Regelungen ausgestellt. Dieser Ansatz ist allerdings nicht empfehlenswert, da sie die Mitarbeiterbindung schädigt und die Arbeitgeberattraktivität schwächt.
Arbeitgebende können eine betriebliche Übung jedoch verhindern, indem sie beispielsweise einen sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt in die Arbeitsverträge integrieren oder eine Leistung nicht regelmässig gewähren. Dabei gilt es aber abzuwägen, ob diese Methode nicht auf zu viel Unverständnis bei den Mitarbeitenden stösst.
Betriebsübung – ein attraktiver Bonus für Mitarbeitende
Die betriebliche Übung mag sich im ersten Moment nach trockenem Rechtsjargon anhören, doch Arbeitgebende sollten wissen, wie sie damit umgehen und ob sie diese in ihre Unternehmenskultur integrieren wollen, beispielsweise um Motivationsanreize zu schaffen. Da sich Leistungen – in der Regel nach drei Jahren – in einen Fortführungsanspruch verwandeln, können sich Betriebsübungen auch als Herausforderung herausstellen. Entscheider:innen sollten daher ganz genau prüfen, ob solche Leistungen ressourcengerecht abbildbar sind.
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